In unserer Kinder- und Jugendarbeit ist der Schutz vor sexualisierter Gewalt schon seit vielen Jahren im Fokus. Seit gut zwei Jahren hat sich eine Arbeitsgruppe des Presbyteriums noch einmal intensiv mit der Problematik auseinandergesetzt und ein Schutzkonzept für die gesamte Gemeinde erarbeitet. Das Presbyterium und die hauptamtlichen MitarbeiterInnen haben inzwischen alle eine Schulung durchlaufen, die neben rechtlichen Aspekten vor allem lehrt, noch einmal genauer hinzuschauen, sich mit TäterInnenstrategien auseinanderzusetzen, sich aber auch grundsätzlich der Frage nach Grenzverletzungen zu stellen, die nicht nur den Bereich der sexuellen Intimsphäre betreffen. Der nächste Schritt besteht darin, das Schutzkonzept in allen Gruppen und Kreisen der Gemeinde bekannt zu machen. Ein Baustein wird ein Familiennachmittag und ein Familiengottesdienst zu Kinderrechten sein, den wir im Frühjahr 2024 anbieten (Rückfragen bitte hierzu bei Antje Pollmann oder Matthias Lenz).
Wozu braucht es ein Schutzkonzept?
Alle Menschen, die den Weg in unsere Gemeinderäume finden, haben einen Anspruch darauf, unsere GEMEINDE ALS SCHUTZRAUM zu erfahren, in dem Glauben trägt, Gemeinschaft gelebt, Entwicklung gefördert und jegliche Form von Gewalt und Diskriminierung abgelehnt wird.
Missbrauchserfahrungen demütigen und verletzen Menschen. Oft hinterlassen sie bei den Betroffenen schwere Narben – körperlich wie seelisch. Während körperliche Gewalt oft mit erkennbaren Verletzungen einhergeht, vollzieht sich sexualisierte Gewalt eher im Geheimen. Nur in einigen Fällen kommt es zu organischen Verletzungen, die in direkter Folge zum Missbrauch auftreten.
Es geht uns alle an
Als Träger der Jugendarbeit sind wir vom Gesetzgeber verpflichtet, Kinder und Jugendliche vor möglichen Gefahren zu schützen (§ 8a, § 72 a SGB VIII). Der christliche Blick war schon immer ein anderer: Kinder sind ein Geschenk Gottes. Jedem Einzelnen wohnt von Beginn an eine von Gott geschaffene Seele inne. So, wie Jesus die Kinder beschützend in seine Mitte nahm, lautet auch unser christlicher Auftrag, auf Kinder und Jugendliche – als besonders verwundbare und schutzbedürftige Gruppe – besonders acht zu geben.
Sollte uns Mitarbeitenden etwas auffallen, das Kinder oder Jugendliche verletzt oder in ihrer körperlichen oder seelischen Entwicklung beeinträchtigt, dürfen wir nicht darüber hinwegsehen, sondern müssen handeln – unabhängig davon, ob die Verletzung inner- oder außerhalb der Gemeinde passiert!
Formen sexuellen Missbrauchs
Unter dem Begriff „sexualisierte Gewalt“ verstehen wir körperliche oder psychische Grenzüberschreitungen, die die Intimsphäre eines Menschen, insbesondere die von Kindern und Jugendlichen überschreiten, ganz gleich, ob sie strafrechtlich relevant oder unterhalb der Schwelle der gesetzlichen Strafbarkeit liegen.
Im Allgemeinen wird unterschieden zwischen Grenzverletzungen, als oft unabsichtliches unangemessenes Verhalten und sexuellen Übergriffen, die niemals zufällig oder aus Versehen geschehen. Jede sexuelle Handlung an Kindern, Jugendlichen oder anderen Schutzbefohlenen ist Missbrauch! Niemals trifft sie die Schuld. Die Verantwortung liegt IMMER beim Täter.
Als Gemeinde dürfen wir unsere Augen nicht davor verschließen, dass potentielle TäterInnen häufig einen tadellosen Ruf genießen und bewusst pädagogische Berufe oder ehrenamtliche Betätigungsfelder wählen, damit es ihnen leicht möglich ist, sich dauerhaft Kindern, Jugendlichen oder Schutzbefohlenen zu nähern und deren Vertrauen zu erschleichen. Auch in religiösen Einrichtungen nutzen sie ihre Autorität und Ansehen schamlos aus, das ihnen aufgrund ihres scheinbar so hohen Engagements entgegengebracht wird. Unsere Gemeinde muss ein Ort sein, an dem es null Toleranz für TäterInnen gibt und Opfer Halt finden:
• Weil wir uns zu 100 Prozent auf ihre Seite stellen.
• Weil wir den Raum öffnen, über belastende Erlebnisse zu reden.
• Weil wir zuhören, beraten, helfen oder Hilfe vermitteln.
Prävention – damit erst gar nichts passiert
Prävention ist keine zeitlich begrenzte Maßnahme, sondern eine gelebte Haltung, die sich wie ein roter Faden durch die Arbeit unserer Gemeinde zieht und fortlaufend an neue Gegebenheiten angepasst wird. Dafür wurden schon einige Schritte eingeleitet, um den Schutz der Mitglieder unserer Gemeinde zu gewährleisten:
Bei Stellenausschreibungen oder Erstgesprächen mit ehrenamtlich Mitarbeitenden werden die LEITLINIEN unserer Gemeinde vorgestellt und deutlich nachgefragt, inwieweit BewerberInnen sich mit diesen unverrückbaren, urchristlichen Grundsätzen identifizieren können.
Ähnliche Ziele werden mit der SELBSTVERPFLICHTUNGSERKLÄRUNG verfolgt, in der sich alle ehrenamtlichen Mitarbeitenden durch ihre Unterschrift zur Einhaltung unseres Verhaltenskodexes verpflichten.
Alle hauptberuflich Mitarbeitenden sowie leitende Jugendmitarbeitende mit engem Kontakt zu Kindern und Jugendlichen sind alle fünf Jahre zur Vorlage eines erweiterten, polizeilichen FÜHRUNGSZEUGNISSES verpflichtet.
Des Weiteren werden alle ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen durch Schulungen sensibilisiert, aufgeklärt und mit Handlungsstrategien ausgestattet.
Machtgefälle begünstigen eine Kultur der Übergriffigkeit, des Wegsehens und der sexualisierten Gewalt. Aufgrund dieser Tatsache wollen wir in unserer Gemeinde eine Kultur der Beteiligung, die offene Kommunikation und Agieren auf Augenhöhe einschließt, etablieren.
Dort, wo wir als Gemeinde mit vielen Menschen in Kontakt kommen und Leistungen für sie erbringen, kann es natürlich auch vorkommen, dass ihre Erwartungen nicht erfüllt werden oder sie das Gefühl haben, dass Mitarbeitende sich nicht angemessen verhalten. Wenn wir uns als Kirchengemeinde Beteiligung und Partizipation auf die Fahne schreiben, bedeutet dieses auch, dass wir Beschwerden nicht als Denunziation unter den Tisch kehren, sondern als Hinweis auf Missstände betrachten und Impuls für die Weiterentwicklung unserer Arbeit wertschätzen.
Neben den eben vorgestellten Maßnahmen haben wir in unserer Gemeinde ein Beschwerde- und Anregungsverfahren eingerichtet, das für Kinder, Jugendliche und auch für alle anderen Gemeindeglieder zu einer tragenden Säule in der Umsetzung unseres präventiven Schutzkonzeptes werden soll.
Beschwerden und Anregungen:
• können persönlich, anonym oder als Gruppe vorgetragen werden;
• erfolgen im persönlichen Gespräch, schriftlich, telefonisch, digital oder über das Medium eines „Kummerkastens“, der sowohl in der Auferstehungskirche als auch in der Erlöserkirche hängt und z.Zt. von der Presbyterin Christina Gocht geleert und durchgesehen wird.
• werden an die beauftragten, geschulten Personen (Antje Pollmann und/oder Matthias Lenz) unserer Kirchengemeinde weitergeleitet, schriftlich dokumentiert, überprüft und lösungsorientiert bearbeitet. Soweit persönlich bekannt, wird die den Vorfall oder den Verdacht meldende Person bei der Lösungssuche mit eingebunden.
Karin Graetsch und Rebecca Neuhoff
Vertrauenspersonen der Evangelischen Kirchengemeinde Siegburg
Matthias Lenz (Pfarrer): Tel.: 02241 8993057, m.lenz@ev-kirche-siegburg.de
Antje Pollmann (Jugendleiterin): Tel.: 02241 96988-22, a.pollmann@ev-kirche-siegburg.de
Vertrauensperson des Kirchenkreises:
Thomas Dobbek / Maria Heisig (Stellvert.) Tel. 0228 6880150
https://www.beratungsstelle-bonn.de
Ansprechpartnerin für Betroffene, Prävention und Intervention der Landeskirche: Claudia Paul (Evangelische Hauptstelle für Familien- und Lebensberatung)
Telefon: 0211/3610-312, claudia.paul@ekir.de
Meldestelle der Landeskirche: Tel.: 0211 4562-602 , meldestelle@ekir.de.
Jugendamt der Stadt Siegburg (Amt für Jugend, Schule und Sport)
Telefon: 02241 102-0 , jugendamt@siegburg.de